Wer die Wahl hat, hat bekanntlich die Qual. Die hat aber offensichtlich auch der, der keine Wahl hat. Anders wären die aktionistischen Kreativitätsschübe zu Fragen der Bundespräsidentenwahl aus den letzten Wochen wohl nicht zu erklären. Das bunte Spektrum reicht von einer Abschaffung der Volkswahl bis zu einer Verlängerung der Amtsperiode des Bundespräsidenten ohne Möglichkeit der Wiederwahl.
Die meisten dieser improvisierten Lösungen wirken konstruiert – und es nimmt sie auch niemand wirklich ernst, weil in zwei Wochen ja ohnehin alles vorbei ist. Ihr eigentlicher Zweck scheint die leidliche Überbrückung der demokratiepolitischen Verlegenheit zu sein, dass dem amtierenden Präsidenten kein Kontrahent von wirklichem Gewicht gegenübersteht.
Nachdem die ursprünglich intendierte Kandidatur des Erwin Pröll aus Gründen des „family business“ abgesagt worden war, hieß es mit einem Mal, die Volkspartei würde schon aus Gründen der Wahlkampf-Kostenersparnis niemanden nominieren. Für ein von vornherein verlorenes Rennen gegen einen mit hohem Amtsbonus ausgestatteten Präsidenten Fischer sei es unvernünftig, Geld auszugeben.
Man weiß ja: Alle anderen Wahlgänge werden aus der öffentlichen Parteiförderung maßgeblich mitfinanziert – nur bei der Präsidentschaftswahl gibt es diese öffentliche Finanzierung nicht. Und noch dazu sei die Kassenlage gerade der Volkspartei nach dem teuren „Es reicht“-Wahlkampf so prekär, dass man sich schon deshalb keine verschwendeten Ausgaben leisten möchte. So plausibel das klingen mag – ich will nicht glauben, dass es bei ernsthaftem Willen, sich dieser Wahl zu stellen, wirklich am Geld hätte scheitern dürfen.
Plausibler scheint mir eine andere Begründung, die kürzlich in einer privaten Runde aufkam. Sie lautet schlicht so: nachdem der niederösterreichische Landeshauptmann es nicht werden durfte, konnte auch niemand anderer mehr ohne das Risiko schwerer innerparteilicher Zerwürfnisse in den Vordergrund geschoben werden.
Und tatsächlich hätte es ohne diesen bisher gut verborgenen Grund bei ernsthaftem Nachdenken durchaus genügend Kandidaten der christdemokratisch-liberalen Regierungspartei gegeben – zuvorderst den zweimaligen EU-Kommissar Franz Fischler, ein politisches Schwergewicht mit hoher Überzeugungskraft, internationaler Reputation und ausgewiesener Grünkompetenz. Seine Chancen auf einen möglichen Sieg wären keineswegs nur theoretisch gewesen.
Ich gehöre zu jener wachsenden Zahl traditionell bürgerlicher Wähler, die bei der nun gegebenen Ausgangslage schon deshalb nicht weiß oder ungültig wählen werden, weil sie damit den Abstand zwischen Frau Rosenkranz und Herrn Fischer unnötig verkleinern würden. Dieser Abstand sollte aber so groß wie möglich ausfallen. Nicht zuletzt auch deshalb möchte ich bei dieser Wahl jenen Präsidenten stärken, der – unabhängig von seiner Prägung als prononcierter Sozialdemokrat – bisher erkennbar und weitgehend erfolgreich um überparteiliche Ausübung seines Amtes bemüht war.