Klartext 2

Ein neuer Verfassungskonvent

 

Als der Rechnungshof jüngst seinen Bericht zu den Covid-Hilfen veröffentlichte, blieben vertiefende Diskussionen über mögliche Konsequenzen weitgehend aus. Dabei haben die horrenden Ausgaben von über 45 Mrd. Euro – mehr als das Sechsfache der Gesamtkosten der Finanzkrise 2008 – allemal eine nähere Befassung verdient. Neu hinzugekommene Energiekostenbeihilfen sowie die zahlreichen umweltpolitisch begründeten Zuschüsse verdienen wohl einen ähnlich kritischen Blick.

Wie wäre es aber damit, die konstruktive Kritik des Rechnungshofes als Lernchance für den öffentlichen Sektor zu sehen? Und zwar – der fromme Wunsch sei gestattet – überparteilich und die Interessenssphären von Bund, Ländern und Berufsvertretungen gleichermaßen einbeziehend?

Eine gute Voraussetzung dafür ist, dass dessen nicht wiederbestellbare, für jeweils zwölf Jahre ernannten Präsident:innen Unabhängigkeit von Parteien garantieren. Margit Kraker, die ihre politische Prägung seinerzeit bei der steirischen Volkspartei erfuhr, liefert mit ihrer uneitlen, sachorientierten Amtsführung den besten Beweis dafür.

Wie groß der Handlungsbedarf ist, zeigen die zuletzt von der „Initiative bessere Verwaltung“ vorgelegten Verbesserungsvorschläge, an denen von Irmgard Griss über Clemens Jabloner bis Thomas Wieser zahlreiche Kenner:innen der Materie mitgewirkt haben.

Beinahe zwanzig Jahre nach dem auf hohem Niveau letztlich an Parteilichkeiten gescheiterten Verfassungskonvent 2005 wäre es wieder hoch an der Zeit, eine vergleichbare Kraftanstrengung zu unternehmen, die abseits des medialen Schlachtenlärms kommender Wahlkämpfe konsequent die übergeordneten Interessen eines gut organisierten, schlank verwalteten, selbstbewussten europäischen Mitgliedsstaates im Blick hat!   

20. April 2023

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