Reflexionen über Weltpolitik in den Tagen um die Jahreswende können ratlos machen, liefert doch der mediale Globalaugenschein immer neue Beweise dafür, dass Johann Nestroy mit seiner Feststellung „Es geht nirgends so zu wie auf der Welt“ wohl den Punkt getroffen hat.
Zugegeben: im Rückblick gesehen waren all die friedlichen Jahrzehnte, die meine in der „Gnade der späten Geburt“ aufgewachsene Generation genießen durfte, nur durch gegenseitige Abschreckung („Friede durch Angst“) möglich. In der DDR 1953, in Ungarn 1956 und in der Tschechoslowakei 1968 wurden entlang dieses in Summe erfolgreichen Konzepts der „Nicht-Einmischung“ von totalitären Regimen unterdrückte Menschen seitens des Westens im Stich gelassen, um eine atomare Auseinandersetzung zu vermeiden.
Nach der Ostöffnung keimte Hoffnung auf weltweite Harmonisierung auf, bis mit „Nine-Eleven“ überdeutlich wurde, dass jeder Friedenszustand durch aggressive Gegner offener Gesellschaften gewaltsam durchbrochen werden kann. Putins Überfall auf die Ukraine lieferte den jüngsten Beweis dafür.
Noch bevor ein Ende dieses Zermürbungskrieges absehbar ist, wird nun die unheilbar erscheinende Situation im Nahen Osten zur nächsten friedenspolitischen Zerreißprobe. Ob in diesem geschichtsüberladenen Raum angesichts der manifesten Menschenrechtsverletzungen sowohl seitens der Hamas als auch der israelischen Militärs jemals eine „friedliche Nutzung der monotheistischen Energien“ (©Peter Sloterdijk) möglich sein wird, ist allerdings zweifelhafter denn je.
Auf der Suche nach tragfähigen Konzepten dauerhaften Friedens im künftigen, multipolaren Gefüge wird wohl am Ende auch diesmal kein Weg an realpolitischen Kompromissen mit Preisabschlägen vom gewünschten Idealzustand vorbeiführen.
05. Jänner 2024