Klartext 10

Ruinen hinter Scheinfassaden

 

Der Kontrast könnte kaum größer sein: hier die im vergangenen Jahr verstrengerten, geradezu bitzligen Vorschriften für Wohnbaudarlehen, da das intransparente Firmengeflecht eines von jeglicher Kontrolle verschonten Immobilien-Konzerns. Dazu das Aufsichtsversagen renommierter Investoren, Bei- und Aufsichtsräte, die beflissen wegschauten, als die Gestaltungsspielräume ordnungsgemäßer Bilanzierung in der Benko-Gruppe schon ausgereizt waren. Nun stehen sie ernüchtert vor Finanzruinen hinter prestigereichen Scheinfassaden. Die Dimension des Schadensfalls verschärft die Vertrauenskrise im ohnehin angeschlagenen Immobilienmarkt und kann durchaus zum Auslöser eines mittleren Finanzbebens werden.

Es rächt sich nun, dass nach der Finanzkrise 2008 verabsäumt wurde, die an Tageswerten orientierten Bilanzierungsregeln von Immobilien grundlegend zu verändern. Diese führen nämlich im Rausch von Niedrigzinsphasen zu völlig überhöhten Wertansätzen in den Bilanzen und ermöglichen Ausschüttungen nicht realisierter Scheingewinne. Sobald der Wind dreht und die Werte wegen des höheren Zinsniveaus einbrechen, droht dann allzu rasch Überschuldung. In den nachfolgenden Insolvenzverfahren gibt es jedoch keinen Zugriff mehr auf die während des „Hypes“ entnommenen Gelder.

Eine grundlegende Reform der Bilanzierungs- und Aufsichtsregeln wäre deshalb überfällig. Doch statt sachgerechter Arbeit, wie sie zuletzt bei der Einigung über den Finanzausgleich geglückt war, verheddern sich die Parlamentsfraktionen zur Unzeit gerade wieder in parteipolitischen Scharmützeln und produzieren jene (Untersuchungs-)Ausschussware, die das Vertrauen in „die da oben“ weiter schwächt. Wer davon wohl am meisten profitiert?

30. November 2023

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