die furche - 354

Von Rettungsgeldern und Übergewinnen

Sondererträge aus Rettungsprogrammen sollten nicht zu Dauer-Subventionen für Großbanken werden.

Nach langem Ringen haben sich die EU-Staaten auf die Abschöpfung krisenbedingter Übergewinne von Energieerzeugern geeinigt. Ob die nachfolgenden Durchführungsbestimmungen ausreichen werden, um die ärgsten Auswirkungen der kriegsbedingten Preissteigerungen auf Haushalte und Unternehmen zu kompensieren, vermag ich nicht zu beurteilen. Möge die Übung gelingen!

Zu einem anderen, bisher unbeachtet gebliebenen Themenfeld, auf dem es ebenfalls um hohe Fördersummen und Übergewinne geht, traue ich mir hingegen Urteilsfestigkeit zu: die Rede ist von einem ursprünglich als Notfallhilfe gegen Liquiditätsengpässe konzipierten Finanzierungsinstrument der Europäischen Zentralbank, das mittlerweile zu einem risikolosen Füllhorn für einige Großbanken geworden ist.

Der Hintergrund des Problems lässt sich etwas verknappt so erklären: Zwischen 2019 bis Ende Juni dieses Jahres stellte die EZB über ein („TLTRO“ genanntes) Sonderprogramm den Banken Ausleihungen zu Minuszinsen zur Verfügung, um in den Pandemie-bedingt wirtschaftlich schwierigen Zeiten Kreditvergaben zu erleichtern. Diese extrem billigen Krisengelder waren für eine Ausnahmesituation konzipiert, in der für Einlagen bei der Notenbank statt Zinserträgen satte Negativzinsen fällig wurden. Aktuell jedoch können die Banken seit den kräftigen Leitzins-Erhöhungen durch die EZB für bei der Notenbank geparkte Gelder wieder Zinsen von bis zu 0,75 Prozent vereinnahmen. Daran wäre nichts auszusetzen, gäbe es nicht einen Konstruktionsfehler in der ursprünglichen Förderidee.  

Wo liegt das Problem? Nun, die auf Laufzeiten von bis zu drei Jahren geliehenen Gelder stehen den Banken weiterhin zu Negativ-Fixzinsen zur Verfügung und bringen bei gleichzeitiger Wiederveranlagung satte, risikolose Sondererträge, die sich mit jeder weiteren Zinssteigerung erhöhen. Schon bisher summiert sich dieser im wahrsten Sinn des Wortes zweck-lose Förder-Geldregen auf mehr als 24 Milliarden Euro. Nachdem insgesamt nicht weniger als 2,2 Billionen negativ verzinste Kredit-Euros an die Banken geflossen waren, erhöht sich dieser unverdiente Sondergewinn von Monat zu Monat.

Die Europäische Notenbank erklärt bisher nur, das Problem zu kennen und nach Lösungen zu suchen. Die Banken hingegen sperren sich gegen eine Anpassung der Konditionen der ihnen gewährten Krisenkredite an die neuen geldpolitischen Wirklichkeiten. Sie pochen auf „Vertragstreue“ – obwohl für Kriseninstrumente wohl nur gelten kann, dass sie jeder neuen Situation anzupassen sind, sobald sich die Lage ändert. Alles andere wäre Fördermissbrauch.

Übergewinne, die aus der jetzigen Konstellation entstehen, müssen daher entweder abgeschöpft werden – oder man führt sie verpflichtend dem Aufbau von Banken-Eigenkapital zu, das ja gerade bei Großbanken nach wie vor zu knapp ist, um eine bevorstehende Rezession ohne neuerliche Finanzkrise meistern zu können.

Dieses klar offenliegende Problem sollte jedenfalls gelöst werden, bevor seine Verschleppung zum Skandal wird. 

06. Oktober 2022

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