die furche - 319

Ein Etappensieg für Steuergerechtigkeit

Die COVID-Krise mit ihren hohen Folgekosten verleiht dem Thema “Steuerge-rechtigkeit” globalen Auftrieb

Weil es zur Verfolgung von Langfristzielen Ausdauer und Hartnäckigkeit braucht, taufte die NASA ihren zur Erkundung der Marsoberfläche ausgesandten mobilen Roboter „Perseverance“. Auch in der Politik gibt es Projekte, deren Erreichbarkeit zunächst Lichtjahre entfernt scheint, bevor irgendwann doch ein Durchbruch gelingt. Typisch dafür ist der ewige Kampf gegen globale Steuerhinterziehung und Geldwäscherei, in dem es nun nach unzähligen vergeblichen Anläufen einen Etappensieg zu verzeichnen gibt.

Unter dem portugiesischen Ratsvorsitz einigten sich nämlich die EU-Staaten eben erst auf eine öffentliche Steuer-Berichterstattungspflicht von Großunternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz. Sie haben künftig offenzulegen, ob die geleisteten Steuern den wirtschaftlichen Aktivitäten in unterschiedlichen Ländern entsprechen. Zumindest der innereuropäischen Steuerflucht, auf die geschätzte 80 Prozent der Gewinnverlagerungen entfallen, würde damit ein Riegel vorgeschoben. Bisher verhinderte zäher Widerstand der EU-„Oasen“-Länder – von Irland über Luxemburg, Malta und den Niederlanden bis Zypern – eine solche Reform.

Noch Anfang März dieses Jahres hatte die NGO „Tax Justice Network“ aufgezeigt, dass die ersten sechs Plätze im Index der an Steuerumgehungen mitwirkenden Staaten auf entwickelte Industrieländer entfallen. Erst dann kommen jene berüchtigten Steueroasen, die mehr Briefkasten-Adressen als Einwohner aufweisen.

Dass nun endlich Schwung in die Sache kommt, hat auch mit Covid zu tun. Zum einen müssen die hohen Kosten der schuldenfinanzierten Krisenbekämpfung irgendwann zurückgezahlt werden. Statt auf neue Steuern zu setzen, die das erhoffte Wachstum abzuwürgen drohen, ist es klug und pragmatisch, auf mehr Steuergerechtigkeit zu zielen. Angepeilt wird eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent. Im Vergleich zu der in Österreich geltenden 25-prozentigen Körperschaftssteuer ist das zwar nicht ambitioniert, aber doch ein Anfang.

Zum zweiten steigt infolge von Covid die Ungleichverteilung der Vermögen. Da macht es Sinn, Steuervermeider zur Kasse zu bitten, bevor redlich erworbenes Eigentum durch Zusatzsteuern geschmälert werden muss. Und nicht zuletzt liefert auch die vor wenigen Tagen erst abgeschlossene Ratifizierung des 750-Milliarden-Covid-Hilfspakets der EU gute Gründe für mehr steuerpolitische Kooperation.

Bis Juli will die OECD eine gemeinsame Linie für ihre globale Besteuerungsstrategie gefunden haben. Von dort bis zu einem Beschluss in der Runde der größten Industriestaaten (G20) soll es dann noch bis Jahresende dauern. „Mission completed“ wird jedenfalls erst dann zu vermelden sein, wenn diese multilaterale Einigung auch rechtlich durchsetzbar wird.

Auch wenn gut Ding Weile braucht: Die Geduld der von den Krisenfolgen getroffenen Bevölkerung sollte nicht überstrapaziert werden. Darin liegt die demokratiepolitische Chance der aktuellen Situation. „Taxes for Future“ wäre ein schöner Name für die dazugehörende BürgerInnen-Bewegung.10. Juni 2021

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