Die Beteiligung der Republik an einem Glücksspielkonzern ist ein absoluter Anachronismus. Eine wirksame Kontrolle “des kleinen Glücksspiels” kann es nur geben, wenn die Casinos Austria endlich voll privatisiert werden.
Als wäre es ein Gewohnheitsrecht, sollte bei der Neubesetzung des Vorstandes im Glücksspielkonzern nichts dem Zufall überlassen werden. Obwohl die Republik Österreich nur mehr einen Anteil von 33,34 Prozent an der Casinos Austria AG hält, bestanden ihre (partei-)politischen Vertreter im Umweg der zwischengeschalteten Bundes-Beteiligungsgesellschaft ÖBAG auf striktem Durchgriff, wie er sonst nur bei mehrheitlich im Staatseigentum stehenden Unternehmen praktiziert wird.
Es gehört zu den Besonderheiten dieses Falls, dass ein zur Wahrung des Anscheins von Objektivität eingesetzter Personalberater seine Aufgabe professioneller als erhofft erledigte. Er stufte nämlich den auf Drängen der FPÖ vorgeschlagenen Kandidaten für den Job des Finanzvorstands als wenig geeignet ein. Der Aufsichtsrat beschloss daraufhin, das kritische Gutachten des „Head-Hunters“ gar nicht näher kennenlernen zu wollen. „I wüs goa ned wissn. Ned so genau“ hätte das im Protokoll wohl geheißen, wäre Dr. Kurt Ostbahn Mitglied dieses Gremiums gewesen.
Im Koalitions-Interesse wirkte der kurz zuvor eingesetzte Alleinvorstand der Verstaatlichten-Holding an der Berufung des – vorläufig beurlaubten – Finanzvorstands eilfertig mit. Schon im Vorfeld war er als Generalsekretär des Finanzministeriums in derselben Causa weichenstellend tätig geworden.
Ohne das Ibiza-Video – wann bekommt der Filmemacher den Preis von Cannes!? – wäre das alles nicht weiter aufgefallen. So aber deutet vieles darauf hin, dass es nicht nur um parteiliche Postenbesetzung, sondern um eine geschäftspolitische Absprache mit der Republik ging. Ein vermuteter „Deal“ zur Erweiterung von Spiel-Lizenzen durch die türkis-blaue Koalition scheint jenes Gegengeschäft gewesen zu sein, das die Zustimmung der Novomatic AG zum fachlich problematischen Parteikandidaten erst abgesichert hat. Denn nur mit deren 17,19 Prozent ging sich die erforderliche Stimmenmehrheit aus.
Eine der zentralen Konsequenzen aus diesem mehr als verunglückten Spiel muss wohl sein, die schon mehrfach geforderte Voll-Privatisierung der Casinos Austria endlich umzusetzen. Derzeit hindert nämlich die unheilige Allianz mit den Geschäftsinteressen eines ausschließlich an Expansion interessierten Konkurrenten die Republik daran, dafür zu sorgen, dass die zahllosen sozialen Katastrophen eingedämmt werden, die das so genannte „kleine Glücksspiel“ nach sich zieht.
Die Mitbeteiligung der Republik an einem Glücksspielkonzern ist ein absoluter Anachronismus. Im öffentlichen Interesse liegen nämlich nicht in erster Linie dessen Steuereinnahmen, sondern wohl vor allem der Schutz der Bürger vor den problematischen Geschäftspraktiken dieser Branche.
Bis heute verhindert die gleichzeitige Zuständigkeit des Finanzministeriums für den Spielerschutz wie für die Beteiligung an der Casinos Austria eine effektive Kontrolle dieses brisanten sozialen Problemfeldes. Ihre Übertragung an eine unabhängige Stelle sollte jedenfalls Platz im Programm der kommenden Regierung finden.
21. November 2019