Kürzlich erst schockierte der große Physiker und Weltentstehungs-Erklärer Stephen Hawkings mit seiner Empfehlung an uns Erdbewohner, in spätestens 100 Jahren für die dann angeblich unaufschiebbare Auswanderung auf einen anderen Planeten gerüstet zu sein. Angesichts der Absurdität und vollkommenen Realitätsferne dieser interplanetaren Migrations-Phantasie kann man vermuten, dass es ihm weniger um die wissenschaftliche Wahrheit ging als vor allem darum, die Bewohner des Raumschiffs Erde zu einer Umkehr im Denken und Handeln zu bewegen. Nun gibt es in der Tat dringenden Lern- und Handlungsbedarf in allen wesentlichen Pflichtfächern der Globalisierung, von der Friedenspolitik über die Klimapolitik bis zur Armutsbekämpfung. Der schrille Alarmismus jedoch, mit dem Hawkings meinungsbildend wirken will, scheint mir der falsche Weg zu sein.
Wer sich an eine Weltordnung herantasten möchte, die wachsende Lebenschancen für mehr Menschen bei gleichzeitiger Wahrung der ökologischen Balance sicherstellen soll, kommt jedenfalls am mühevollen, hindernisreichen Prozess des Aushandelns von Kompromissen nicht vorbei. Dass für derartige Verhandlungen des Welt-Schicksals die Vertreter der größten sieben oder acht Volkswirtschaften nicht ausreichen, machte die Finanzkrise vor knapp zehn Jahren bewusst. Erst seit damals gibt es die Treffen der G20. In diesem immer noch unvollständigen, aber doch einigermaßen repräsentativen Tagungsformat leisten die Mächtigen, wenn es gut geht, in wichtigen Fragen mehr als die in der UNO vertretenen Nationen in ihren Generalversammlungen („G193“) zustande bringen.
Die aktuelle Gruppendynamik des Gremiums lässt allerdings keine großen Erfolge zu. Als wohl wichtigstes Resultat des G20-Treffens in Hamburg lässt sich lediglich verbuchen, dass das Pariser Klimaabkommen trotz des Trump´schen Widerstands von allen übrigen 19 Teilnehmerstaaten bekräftigt wurde. In anderen Verhandlungsmaterien gab es zumindest Absichtserklärungen – von einer zielgenaueren Bankenregulierung über die internationale Bekämpfung von Steuerbetrug bis zu einem ersten Investitionsprogramm für Afrika. Dass sich all das vor einer geopolitischen Kulisse des Hochrüstens abspielt, beunruhigt und macht die Einlösung des Versprochenen fraglich.
Nicht weniger beunruhigend war jedoch das infernalische Treiben linksradikaler Anarchos, die sich auf klammheimliche Sympathisanten in Teilen der Medien und der Politik stützen können. Ihr Getöse überdröhnte den friedlichen Protest jener, die auf mehr Tempo und Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung einer gerechteren Globalisierung drängen wollten.
Am Ende helfen jedoch apokalyptische Untergangs-Szenarien so wenig weiter wie Diskussionsbarrikaden gewalttätiger Protestgruppen. So sehr auch die Zeit drängen mag: auf der Suche nach verbesserten globalen Spielregeln darf die Bodenhaftung nicht verloren gehen. Ein zivilgesellschaftlicher Minimalkonsens über die Austragung gesellschaftlicher Konflikte ist unverzichtbar. Alles andere ebnet den Weg in die Barbarei.
13. Juli 2017