In der Zeit zwischen Weihnachten und dem Dreikönigsfest lässt der sonst so dicht getaktete Kalender unverhofft mehr Raum für Nachdenklichkeit. So als dürften wir die Lebensuhr zurückstellen, beginnen wir wieder bei Eins zu zählen und adjustieren unser Navigationssystem. Mitten in unserem nach allen Richtungen vermessenen, ökonomischen und technischen Regeln folgenden Lebensalltag erwacht um die Jahreswende unser Interesse am Schöpfungsgeschehen und der ewigen Frage danach, warum es uns gibt und wohin wir gehen.
Die aktuellen Antworten der Naturwissenschaft fasst die aus Salzburg stammende, in den USA forschende Astrophysikerin Lisa Kaltenegger gerade rechtzeitig vor Weihnachten in einem faszinierenden, auch für absolute Laien wie mich gut zugänglichen Buch zusammen. Unter dem Titel „Sind wir allein im Universum?“ geht sie mit erfrischender Neugier der Frage nach, ob es im grenzenlosen Weltall auch anderes menschliches Leben gibt. Obwohl sie die Antwort offen lässt, ziehe ich aus ihrer anschaulichen Darstellung der komplexesten Zusammenhänge den Schluss, dass unsere Suche nach planetarer Verwandtschaft so spannend wie aussichtslos ist.
Zwar leben wir auf einem kleinen Planeten einer mittelgroßen Sonne unter unzähligen anderen Sonnen einer Galaxie unter unzähligen Galaxien in einem sich ständig ausdehnenden Kosmos. Die Wahrscheinlichkeit aber, dass es jemals zu konkreten Begegnungen mit außerirdischem Leben kommt, geht schon deshalb gegen Null, weil uns vom nächstgelegenen, theoretisch bewohnbaren Planeten immerhin ein paar hundert Lichtjahre trennen.
Die Auseinandersetzung mit universalen Gesetzmäßigkeiten, die wir fast alle zu kennen glauben, macht erst recht bewusst, dass ein unermesslich großer Rest des Welträtsels offen bleibt, der selbst jene, die seiner Auflösung am nächsten kommen, in ungläubiges – und am Ende nicht selten auch gläubiges – Staunen versetzt.
Dieses Staunen sollten wir uns nicht nehmen lassen, auch wenn in Wissenschaftsshows das Gegenteil propagiert wird. So führen etwa die populären „Science Busters“ mit dem aus dem Zusammenhang gerissenen Satz „Wer nichts weiß, muss alles glauben“ von Marie von Ebner-Eschenbach einen überflüssigen Feldzug gegen metaphysisches Denken und Empfinden. So als läge die Zeit der Unvereinbarkeit von Wissen und Glauben nicht längst hinter uns, kämpfen sie mit den stumpfen Waffen ihres Trivial-Atheismus gegen die Windmühlen überholten Aberglaubens.
Sollte es wirklich nur eine Kaskade von glücklichen Zufällen gewesen sein, die ausgerechnet unseren Planeten bewohnbar gemacht und uns hervorgebracht hat? Kann aus der Organisation des Universums oder dem Prinzip der Evolution auf einen Schöpfer geschlossen werden – oder beweisen sie seine Nicht-Existenz?
Wenn es den Schöpfergott gibt, müsste es ihm ein Vergnügen bereiten, uns mit diesem unauflösbaren Welträtsel zu beschäftigen!
17. Dezember 2015