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Euro-Fischsuppe: Kein zurück

 

Noch im Frühjahr beruhigte die europäische Spitzenpolitik: die Banken sollten doch in ihren Ausleihungen an Euro-Länder bleiben, selbst für das arg gebeutelte Griechenland werde man eine politische Lösung finden. Bis heute ist der Kauf von Staatsanleihen durch Banken von der Verpflichtung der Unterlegung mit Eigenmitteln ausgenommen. Viele Gläubiger fühlten sich verpflichtet, die Botschaft ihrer Finanzminister nicht nur zu hören, sondern ihr auch zu glauben. Nun, nachdem klar ist, dass der Schuldenschnitt für Griechenland bei mindesten 50 Prozent liegen wird, sind die alten Versprechen Schall und Rauch. Wer jetzt noch Griechenland-Anleihen hält, den rettet keiner mehr. Nicht wenige begrüßen das als vermeintlich gerechte Strafe für Spekulanten.

Die Anleihe-Gläubiger zur Kasse zu bitten war jedoch ein Pyrrhus-Sieg. Da es kein Vertrauen mehr in den inneren Zusammenhalt des Euro-Gebietes gibt, steht nun ein Hochschulden-Land nach dem anderen allein auf dem Prüfstand. Den Zusicherungen der Politik, mit „gehebelten“ Stabilisierungsfonds Ruhe ins Geschehen zu bringen, wird nicht mehr geglaubt. Kursverfall an den Börsen, Misstrauen zwischen den Banken und eine starke Verteuerung der Anleihen sind die unmittelbare Folge. Kredite werden knapp, weil das Bankenkapital wegschmilzt. Ein ungeordneter Zerfall von Euro-Land ist trotz gegenteiliger Bemühungen nicht mehr auszuschließen.

Auf halbem Weg zu halber Tat mit halben Mitteln: dieses von Franz Grillparzer auf Österreich gemünzte Handlungsprinzip scheint zur europäischen Maxime geworden zu sein. Noch vor eineinhalb Jahren, bei der ersten großen Anspannung rund um Griechenland im Mai 2010, hätte die Dimension der jetzt geschnürten Hilfspakete bei gleichzeitiger Einführung von Eurobonds genügt, um die Krise im Keim zu ersticken.

Die „Oliven-Länder“, wie eine Zeit lang etwas arrogant als „Peripherie“ bezeichnete Eurostaaten neuerdings genannt werden, haben sich die Frage zu stellen, warum es sich für sie überhaupt noch lohnen soll, in der Euro-Zone zu verbleiben. Der Verzicht auf die scharfe Waffe der Abwertung, den sie beim Eintritt abgegeben haben, wurde ihnen jahrelang durch niedrigere Zinsen bei Aufnahme von Anleihen abgegolten. Jetzt zahlen sie plötzlich peinigend hohe Zinsen und können trotzdem nicht abwerten. Drinnen bleiben sie wohl nur, weil das Währungsgebiet so eng miteinander verflochten ist, dass es keine schmerzlose Trennung gibt. Ganz sprichwörtlich: aus einem Aquarium lässt sich eine Fischsuppe machen – umgekehrt aber geht das dann nicht mehr.

Nur wenige Wochen ist noch Zeit, um sich auf vernünftige, neue Rahmenbedingungen für ein fiskalisch diszipliniertes Europa zu einigen, dessen Schuldnerländer einen Europäischen Währungsfonds und einen Finanzkommissar als Preis für ihre Rettung vor einer jahrelangen Rezession akzeptieren, während die budgetär tugendhafteren Euro-Staaten erkennen, dass ihre Solidarität weniger kostet als die Aufgabe des inneren Zusammenhalts von Euro-Land.

17. November 2011

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