die furche - 33

Ein demokratiepolitisches Wunschkonzert

 

Die zunehmende Selbstverständlichkeit, mit der landesfürstliche Interessenslagen sachgerechte Bundespolitik erschweren, macht mich immer wieder fassungslos. Zuletzt harrten wir anlässlich der Neubesetzung eines der für die Zukunft des Landes wichtigsten Ministerien duldsam der Entscheidung, auf welche Persönlichkeit steirischer Provenienz die Wahl fallen würde.

 

Dabei hatten wir diesmal noch Glück. Denn mit Beatrix Karl war eine Kandidatin für das Amt der Wissenschaftsministerin an der Hand, die aus dem Fach kommt und mit neuem Schwung an ihre Aufgabe herangeht. Nur gut, dass nicht zufällig Landtagswahlen in einer Region ohne geeignete Bewerber/innen angestanden sind.

 

Die Macht der Landeshauptleute, deren gleichnamige Konferenz immer mehr zum permanenten Schatten-Kabinett der Bundesregierung wird, wächst weiter an. Immer häufiger agieren Mitglieder der Bundesregierung als Delegierte ihrer Länder, statt das Gesamtinteresse in den Vordergrund ihres Handelns zu stellen. Daraus wiederum erwächst eine Schein-Rechtfertigung für länderbezogene Personalpolitik im Kabinett.

 

Auch die überraschende Einigung der Regierungskoalition auf eine (verfassungswidrige) Verschiebung des Budgets für 2011 auf das kommende Jahr ist nichts als ein Tribut an vermeintliche Länder-Zwänge und damit ein weiterer Schritt in die schleichende Provinzialisierung unserer Politik.

 

Ich reihe mich daher in die wachsende Gruppe jener ein, die für eine grundlegende Föderalismus-Reform plädieren. Nein, keine Abschaffung der Bundesländer! Dazu ist auch mir die gewachsene regionale Identität, aber auch die Bürger/innennähe vieler Verwaltungsvorgänge viel zu wichtig.

 

Wohl aber ein moderner Föderalismus ohne teure Doppelgleisigkeiten, mit einer informationstechnologischen Infrastruktur, die alle Stücke spielt, ohne den pseudo-autonomen Gesetzgebungsballast kostspieliger Landesspezifika – von der Wohnbauförderung bis zu uneinheitlichen Jugendschutzregelungen, Kindergartenordnungen oder Abgeltungen für Krankenkassenleistungen. Und, nicht zu vergessen, statt des permanenten Wahlkampf-Reigens Mid-Term-Wahlen zu einheitlichen Terminen. Das wäre ein Idealthema für ein von den Qualitätsmedien mitgetragenes, breit angelegtes Volksbegehren – bevor wir in den Zustand der Unregierbarkeit kommen.

 

Zum Ausklang meiner unversehens zum demokratiepolitischen Wunschkonzert gewordenen Kolumne schlage ich vor, den Parteien Kosten für Wahlkämpfe jeweils nur einmal pro Legislaturperiode rückzuerstatten. Zwischenzeitliche Wahlgänge wären hingegen nur mit einem aliquot gekürzten Beitrag zu finanzieren. So entfiele die Verlockung zu vorgezogenen, gut honorierten Wahlgängen.

 

Gleichzeitig entstünde ein heilsamer Druck, die politische Tagesarbeit ernsthafter und weniger wahlkampfartig zu betreiben, als das jetzt schon wieder der Fall ist. Die von der letzten Regierung beschlossene Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre bekäme so im nachhinein vielleicht doch noch den ihr zugedachten Sinn.

 

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