die furche - 229

Heuschrecken, Cerberus und Phönix

 

Heuschrecken und Finanzhaie sind so etwas wie die Wappentiere des Investment-Bankings im Allgemeinen und amerikanischer Beteiligungsgesellschaften im Besonderen. Dass ausgerechnet einem Vertreter dieser Zunft mit dem anspielungsreichen Firmennamen Cerberus das Verdienst zukommen würde, die ehemalige Gewerkschaftsbank BAWAG saniert zu haben, gehört zu den (Wirtschafts-)Geschichten, die sich nicht erfinden lassen.

Das 1924 von Karl Renner gegründete Institut kam ab dem Sommer 2005 ins Gerede. Hohe Ausleihungen an eine Fondsgesellschaft, mit der man jahrelang verdeckte Geschäfte betrieben hatte, waren plötzlich uneinbringlich. Ominöse, immens verlustreiche Karibikgeschäfte von Wolfgang Flöttl, dem Sohn des langjährigen Generaldirektors, rissen tiefe Löcher in die Bilanz.

Im April 2006 spitzte sich die Situation zu. Die BAWAG geriet in den Strudel von US-Prozessen gegen einen als Betrüger entlarvten, langjährigen Geschäftspartner. Ausufernde Schadensersatzforderungen wurden erhoben, Vergleichsverhandlungen scheiterten, die Kunden wurden nervös. Das Vertrauen in die einige Jahre zuvor übernommene PSK war hingegen so groß, dass angeblich nicht wenige BAWAG-Sparer, denen die Zusammengehörigkeit der beiden Institute noch nicht bewusst war, am Höhepunkt der Krise ihr Geld am Schalter in bar abhoben um es kurz darauf auf ein neu eröffnetes PSK-Konto einzuzahlen.

Ausgerechnet am Tag der Arbeit kam es dann am Ballhausplatz zu einer Krisensitzung zwischen der Gewerkschaft als Bankeigentümer und der Bundesregierung unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Am Ende der so angespannten wie konstruktiven Gespräche stand die Bereitschaft der Regierung, eine Garantie in Höhe von 900 Millionen Euro zu übernehmen. Banken und Versicherungen steuerten ebenfalls einen Krisenbeitrag von 450 Millionen bei. Innerhalb weniger Tage lieferte das Parlament die erforderlichen Beschlüsse nach.

Der als Krisenmanager eingesetzte BAWAG-Generaldirektor Ewald Nowotny nutzte die mit der Hilfsaktion gewonnene Zeit für Verkaufsverhandlungen. Den Vertrag mit Cerberus brachte er im März 2007 unter Dach und Fach – buchstäblich im letzten Abdruck vor dem Ausbruch der größten Finanzkrise seit den Dreißigerjahren. Der Kaufpreis von 2,6 Milliarden Euro bewahrte den Gewerkschaftsbund vor dem Totalverlust seines Streikfonds.

Nach konsequenter Sanierung, Beendigung des Auslandsgeschäftes und erfolgreicher Konzentration auf heimische Privatkunden holten sich die mittlerweile auch an Commerzbank und Deutscher Bank beteiligten Amerikaner bei dem Ende Oktober erfolgten Börsengang einen ersten Teil ihres seinerzeitigen Einsatzes zurück. Wenn alles klappt, werden sie mit einem späteren Verkauf ihres verbliebenen Anteils von etwas über 35 Prozent ein insgesamt gutes, wenn auch keineswegs heuschreckenmäßiges Geschäft gemacht haben. Aber dass Cerberus in all seiner kapitalistischen Eigennützigkeit der BAWAG dazu verholfen hat, wie Phönix aus der Asche zu steigen, steht heute schon zweifelsfrei fest.

30. November 2017

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