die furche - 196

Sorge um Banken

 

In den letzten Wochen war wieder viel von der Verfasstheit der europäischen Banken die Rede. Berichte über die prekäre Lage der italienischen Monte dei Paschi di Siena – diese 1472 gegründete, älteste Bank der Welt trug im europäischen Banken-Stresstest das Schlusslicht davon – erweckten den Eindruck, es handle es sich wieder einmal um Sonderprobleme südlicher „Peripheriestaaten“. Dieser Eindruck täuscht jedoch. Auch in Euro-Kernländern sind Großbanken mit Eigenkapitalproblemen zu Hause. Verheddert im regulatorischen Gestrüpp einer fehlgeleiteten Regulierung geraten sie gegenüber dem dominanten anglo-amerikanischen System in den Rückstand. Peripherie ist überall.

Man könnte das als Sorgen einer Branche abtun, die noch immer mit den Folgen einer Finanzkrise ringt, an der sie ein gerüttelt Maß an Mitschuld trägt. Wozu also Tränen vergießen? Ganz anders sieht die Sache aus, wenn man sich klar macht, wie elementar wichtig ein starkes, auch international leistungsfähiges Bankensystem für die europäischen Unternehmen und ihre Stellung in der Welt ist.

Auch Österreich hat ein Banken-Strukturproblem. Es beschränkt sich keineswegs auf die noch immer nicht ganz überwundene Eigenkapitalschwäche der größten Institutsgruppen. Langfristig gravierender ist die Tatsache, dass die besondere Kompetenz, die führende österreichische Banken zweieinhalb Jahrzehnte lang auf den Expansionsmärkten Mittel- und Osteuropas sowie Russlands und seiner Partnerländer bewiesen hatten, verloren zu gehen droht. Dass die Bank Austria ihre Zuständigkeit für Osteuropa an die Mailänder Unicredit-Zentrale abtreten musste, macht diese Entwicklung schmerzhaft sichtbar.

Die zentrale Frage, ob wir für führende österreichische Unternehmen genügend leistungsstarke Banken mit einem internationalen Aktionsradius haben, lässt sich jedenfalls heute schwerer beantworten als vor einem Jahrzehnt. Das ist deshalb so problematisch, weil in der Unternehmensfinanzierung dann, wenn es darauf ankommt – etwa bei Projektgarantien oder Kredit-Prolongationen in Krisenphasen – letztlich doch persönliches Vertrauen, Nähe zu den handelnden Personen und standortpolitische Mitverantwortung den Ausschlag geben. Wo man aber mehrheitlich von ausländischen Bankenkonsortien abhängig ist, geht dieser Bonus gegenüber heimischen Firmen verloren. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Kompetenz, Unternehmen auf die Kapitalmärkte zu begleiten, eher ab- als zugenommen hat.

Eine Grundsatzdiskussion zur Frage, wie das österreichische und das europäische Bankensystem wieder leistungsfähiger gemacht werden kann, ist überfällig. Denn dass die bisherige Medikation unwirksam war, wurde in den quälenden Stresstests ausreichend nachgewiesen. Vor allem das klassische Kreditgeschäft, durch die endlose Feinadjustierung der regulatorischen Daumenschrauben geschwächt, braucht einen Befreiungsschlag. Banken, die in diesem für die Konjunktur so zentralen Bereich ihre Kernfunktionen erfüllen, müssen gestärkt werden.

18. August 2016

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