die furche - 181

Revolution und Marktwirtschaft

 

Der Start ins Börsenjahr fiel mehr als holprig aus. Kaum waren die Sylvesterraketen verglüht, taumelten die chinesischen Aktienkurse talwärts und rissen gleich auch Europas Bewertungen mit nach unten. Allein der deutsche Aktienindex DAX büßte 11 Prozent ein. Diese wohl überfällige Korrektur spekulativ überzogener Kursspitzen ändert jedoch nichts an der wachsenden Bedeutung der chinesischen Volkswirtschaft.

Das wirtschaftsgeschichtlich einzigartige Großexperiment einer forcierten Marktwirtschaft unter kommunistischen Vorzeichen macht das Land auch bei gedämpfteren Wachstumsraten von immer noch über sechs Prozent schon bald zur größten Ökonomie der Welt. Die offizielle Anerkennung des Yuan als Leitwährung durch den Internationalen Währungsfonds per Ende vergangenen Jahres war ein äußeres Zeichen dieser Entwicklung. Und schon mit Ende des heurigen Jahres könnte China von der Welthandelsorganisation WTO der Status einer vollwertigen Marktwirtschaft zugesprochen werden. Weil Europas Schutzzölle dann fallen müssten, hätte der asiatische Wirtschaftsriese noch größere Wachstumschancen.

Im krassen Kontrast zu diesen Erfolgen steht das Scheitern eines realsozialistischen Experiments alten Musters in Venezuela. Der 2013 verstorbene, bis heute auch hierzulande sozial-romantisierte Diktator Hugo Chavez und sein seit damals per Notstandsgesetz regierender Nachfolger Maduro haben nämlich ihr Land ins wirtschaftliche Abseits getrieben. Eine konzeptlose, anti-marktwirtschaftliche Politik, ein Übermaß an Verstaatlichungen und völlig realitätsfremde Preisregulierungen führten zu leeren Supermärkten und sinkender Kaufkraft der zunehmend verarmenden Bevölkerung – schon lange bevor der stark sinkende Ölpreis das Land mit den höchsten Erdölreserven der Welt zusätzlich unter Druck setzte.

Paradoxerweise kam es an der lokalen Börse von Caracas zuletzt zu extrem hohen Kurssteigerungen. Dieser vermeintliche Börsenboom war allerdings kein Zeichen einer erstarkenden Volkswirtschaft, sondern ganz im Gegenteil die Folge einer verzweifelten Flucht privater Anleger vor dem extremen Verfall aller Geldwerte angesichts einer verheerenden Inflation von nicht weniger als 160 Prozent.

Seit nun der „Tisch der demokratischen Einheit“, eine Vielparteienallianz unterschiedlicher Gruppierungen, die vor allem das Ziel einte, das unfähige Regime endlich abzuwählen, Anfang Dezember aus den Wahlen mit einer klaren parlamentarischen Mehrheit hervorging, obstruiert Chavez-Nachfolger Maduro dieses demokratische Ergebnis mit allen Mitteln. Unter Ausschaltung der verfassungsmäßigen Grundrechte verspricht der linksfaschistische Präsident seinen verbliebenen Anhängern, die angeblichen Früchte der Revolution um jeden Preis zu verteidigen.

Die langjährigen Anhänger der venezolanischen Revolutionsführer werden sich wohl neue Vorbilder suchen müssen. Ich bin mir nicht sicher, ob sie bereit sind, sich bei den Nachfolgern von Revolutionsführer Mao in China umzuschauen. 

22. Jänner 2016

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